Handbuch 2020
70 Batterien Lithium-Ionen-Batterien Strom bis zur Vollladung beaufschlagt wer- den dürfen. Zuerst wird also mit vollem Strom geladen, um dann mit hoher Span- nung aber reduziertem Strom die Vollladung irgendwann zu erreichen. Bei Gelbatterien dauert diese Absorptionsphase bis zu 12 Stunden, aber auch bei Einstellung auf AGM sind Ladezeiten – je nach Hersteller – von bis zu 5 Stunden hinterlegt. Produzenten von LiFePO4-Zellen sind sich aber einig, dass un- mittelbar nach der Vollladung – die mit vol- lem Strom erfolgen kann – nur eine kurze Absorptionsphase (max. 1h) folgt, um dann die Ladung einzustellen und die Spannung auch sofort auf ein weitaus niedrigeres Niveau abzusenken. Das ist auch der Grund, warum eine LiFePO4 Batterie eine eigene Kennlinie benötigt. Einige Batteriehersteller behaupten nun, dass ihre LiFeP04-Batterie mit jedemLadegerät aufzuladen sei. Die Aus- sage ist grundsätzlich nicht falsch, da der vom Lader angebotene Strom auch von einer ent- ladenen LiFePO4-Batterie dankend ange- nommen wird. Interessant wird es dann, wenn die Batterie den Vollladezustand er- reicht hat. Dann wird mit der falschen Kenn- linie über Stunden ein viel zu hohes Span- nungsniveau gehalten. Ein Zustand der laut Batterie-Zellhersteller unbedingt vermieden werden sollte, da dies den Zellen und deren Lebensdauer nicht zuträglich ist. Laden während der Fahrt Die meisten Ladegeräte, Solarregler oder auch die Brennstoffzelle sind heutzutage mit einer Kennlinie für LiFePO4-Batterie ausge- rüstet. Die Lichtmaschine des Fahrzeugs ist davon aber unbeeindruckt. Nach mehrstün- diger Fahrt ist entweder die LiFePO4-Batterie nicht voll geladen, weil die Spannung bis zum erreichen der Bordbatterie durch lange Kabel- wege zu gering ist, oder es wurde grundsätz- lich über die gesamte Fahrdauer mit zu hoher Spannung geladen. Beides ist unbefriedi- gend. Es macht keinen Sinn Geld in eine hocheffiziente Batterie zu investieren und die Infrastruktur nicht danach auszurichten. Ab- hilfe schafft indemFall eigentlichnur eingeeig- neter Ladebooster. Eingestellt auf den Batte- rietyp senkt er die Ladespannung zum richti- gen Zeitpunkt oder hebt diese grundsätzlich an, um überhaupt und schnell die Batterie in den Vollladezustand zu versetzen. Grundsätz- lich wird sowieso ein Ladebooster benötigt, wenn das Fahrzeug mit einer intelligenten Lichtmaschine ausgerüstet ist. Siehe hierzu auch Info ab Seite 96 . Die Batterie die alles kann Technisch machbar ist es, dass die integrierte Steuerlektronik (BMS) einer LiFePO4-Batterie, zusätzlich zu ihrer Überwachungs- und Aus- gleichsfunktion, auch noch die komplett an- kommende Ladung managt. Wir haben hier- zu im Vorfeld einige Ideen umgesetzt, aber sind in letzter Konsequenz zur Überzeugung gelangt, dass dies nicht zielführend ist. Je nach Rahmenbedingung steigt die Innen- raumtemperatur der Batterie im Fahrbetrieb unnötig an und generiert ohne Not einen vorzeitigen Kapazitätsverlust oder schaltet im schlechtesten Fall die komplette Batterie ab. Man kann es drehen wie man will. Eine mo- derne Batterie braucht eine ordentliche Infra- struktur. Das soll aber nicht bedeuten, dass Fahrzeuge die diese nicht besitzen grundsätz- lichauf dieVorzüge einer LiFePO4-Batterie ver- zichten müssen. Hat ihr Reisemobil keine LiFePO4-Kennlinie, dann integrieren Sie ein- fach eine Booster/Ladekombination in Form eines BCB (Batterie-Control-Booster). Dieser managt die 230V-Ladung und zusätzlich die Ladung während der Fahrt mit genau der richtigen Kennlinie. Ein solches Set haben wir Ihnen auf der Seite 75 zusammengestellt. Sie finden hier im Handbuch aber auch Geräte mit höheren Leistungen für höhere Batteriekapazitäten. Batteriedaten via Bluetooth Viele verwenden heutzutage eine App um unterschiedliche Informationen auf das Handy zu übertragen. Es gibt ohne Frage sehr nütz- liche Anwendungen in diesem Bereich. Im Reisemobil ist es aber doch mehr als um- ständlich ständig nach dem Handy zu kra- men, die App zu öffnen, umdann zu erfahren wieviel % noch an Batteriekapazität zur Ver- fügung steht. Zwischendurch der schnelle Blick auf ein fest verbautes Anzeigedisplay ist doch weitaus praktischer als eine Bluetooth- Anzeige auf einem Handy oder Tablet, das irgendwo abgelegt wurde. Wir haben es über viele Reisemonate in der Praxis ausprobiert und uns amEnde gegen eine Darstellungmit einer App entschieden. Unsere ganz klare Empfehlung aus der Praxis ist und bleibt im- mer noch „Der Batterie-Computer“. Eine große übersichtliche Anzeige. Sofort alles im Blick und berechnen wie lange die Batteriekapazi- tät beimmomentanen Stromverbrauch noch reicht geht damit auch. Ständiger Stromverbrauch Einige Hersteller von LiFePO4-Batterien haben nicht nur eine Bluetooth-Anbindung, son- dern auch diverse Kommunikations-Schnitt- stellen in ihren Batterien vereint. In einigen Branchen ist dies wohl gefordert und sinnvoll, aber im Reisemobil gibt es momentan ei- gentlich keine vernünftige Anwendung. Das wäre soweit aber auch kein Thema, wenn die Die echten Vorteile Immer wieder ist zu lesen welche Vorzüge LiFePO4 Batterien haben. Leistungsdichte, Gewicht, Lebensdauer sind die gängigen und immer wieder genannten Argumente. Ein ganz wichtiges -bzw. das eigentlich wichtigs- te- Argument wird selten genannt und hier wird klar, dass viele Hersteller den Einsatzbe- reich und somit die Problematik von Batteri- en in Reisefahrzeugen überhaupt nicht über- blicken. Für LiFePO4-Batterien ist das Problem der Sulfatierung nicht existent. Während her- kömmliche Batterien in teilgeladenem Zu- stand stetig an Speicherkapazität durch Sul- fatierung verlieren, ist dies für LiFePO4 kein Thema. Auch eine regelmäßige Vollladung ist nicht nötig, was normale AGModer Gelbatte- rien mit sehr frühem Ausfall quittieren. Schnelle Ladung Oft als Vorteil aufgeführt wird auch, dass LiFePO4-Batterien schnell aufzuladen sind. Abgesehen davon, dass eine Ladung mit ho- hem Strom ebenso wie eine hohe Entladung der Lebensdauer keines Batterietyps zuträg- lich ist, steht für eine Schnellladung imReise- mobil die Infrastruktur auch nicht zur Verfü- gung. Im Ansatz stimmt die Aussage aber doch, man muss es nur anders betrachten. Ladegeräte von herkömmlichen Gel- oder AGM-Batterien müssen relativ früh die Lade- leistung reduzieren und taumeln dann über Stunden der Vollladung entgegen. LiFePO4- Batterien können dagegen den vollen Strom bis zur Vollladung aufnehmen. Somit sind diese Batterien einfach schneller vollgeladen und somit stimmt die Aussage der „schnelle- ren Ladung“ im Grunde dann doch. Die richtige Infrastruktur Es hat sich herum gesprochen, dass Bord- batterien immer mit der jeweiligen für den Batterietyp festgelegten Kennlinie geladen werden sollten. Diese sind üblicherweise im Ladegerät hinterlegt und bei Einbau wird dann die passende Kennlinie aktiviert. Bei Standard-Säurebatterien in Flüssig, Gel oder AGM-Ausführung wird die Vollladung – ab- hängig von der Temperatur – erst nach meh- reren Stunden erreicht (Absorptionsphase), da diese Batterietypen ab einem bestimmten Ladezustand nicht mehr mit dem vollen
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